Gemeinschaftliches Programm von CTM und transmediale

26.01.2013

Gemeinschaftliches Programm von CTM und transmediale

Das diesjährige Programm mit AV- und Audio-Performances im Haus der Kulturen der Welt entstand in enger Zusammenarbeit zwischen der transmediale und dem CTM-Festival.

Das Schwesterfestival der transmediale, das CTM – Festival for Adventurous Music and Arts, findet auch in diesem Jahr zeitgleich an einigen der spannendsten Orte des Berliner Kultur- und Nachtlebens statt, darunter im HAU, im Berghain, im Stattbad, im Kunstquartier Bethanien und im denkmalgeschützten Funkhaus Nalepastrasse, in dem bis 1990 der Rundfunk der DDR seinen Sitz hatte. In Konzerten, Clubnächten, einem Gesprächs- und Ausstellungsprogramm sowie in Workshops beschäftigt sich die 14. Ausgabe des Festivals unter dem Titel The Golden Age mit der gegenwärtigen Überfülle und Allgegenwart von Musik. CTM.13 fragt nach den aus dieser Situation resultierenden Chancen und Herausforderungen für Künstler und Zuhörer, und diskutiert Fragen in den Bereichen Ästhetik, Ökonomie und Politik. Unter den Bedingungen der Globalisierung und der digitalen Kultur zeigt sich heute, was stets Streben und Versprechen von Kunst und Popkultur war: Eine radikal freigesetzte Subjektivität darf sich nahezu grenzenlos verwirklichen. Diverse Ausdrucksformen sind akzeptiert. Sie beanspruchen keine Originalität, sondern sind Self-Design-Produkte, die auf eklektische oder synkretistische Weise aus den Ressourcen des bereits Vorhandenen schöpfen. Die Musik der Gegenwart zeigt eine nie dagewesene Vielfalt. In einem kaum noch durch einen Kanon, technische Limitierungen oder Autoritäten geregelten „anything goes“-Raum eröffnet sich ein unendliches und daher oft als paradiesisch empfundenes Arsenal künstlerischer Möglichkeiten. Selten zuvor waren die Ohren so weit geöffnet. Wenn aber Selbstverwirklichung, einst eine hart umkämpfte Strategie der Befreiung, in der Geschenkökonomie des digitalen Kapitalismus zur gesellschaftlichen Norm wird, zeigen sich schnell die Schattenseiten: Beliebigkeit, Aufmerksamkeitskonkurrenz, Verlust von Öffentlichkeit, Narzissmus, Redundanz und Ste- rilität sind nur einige der Schlagworte, die zur Diskussion stehen.

 

Das diesjährige Programm mit AV- und Audio-Performances im Haus der Kulturen der Welt entstand in enger Zusammenarbeit zwischen der transmediale und dem CTM-Festival. Die Aufführungen von Demdike Stare, Gatekeeper, People Like Us, Vanessa Ramos-Velasquez feat. A Guy Called Gerald sowie Boris Hegenbart mit Felix Kubin verbinden die Motive der beiden Festivalthemen: Die Synchronizität unterschiedlicher Zeitebenen, der Zusammenfall des Fernen und des Nahen sowie des Synthetischen und des Natürlichen und die Parallelität von Überfluss und Mangel zeigen sich als Effekte einer durch die Digitalisierung angefeuerten Entgrenzung der kulturellen Artefakte und ihrer Produktion. Das Heimelige obsoleter Technologien und des Archivs steht dabei neben der brutal ausgeleuchteten, überstimulierenden Ästhetik des globalen Digital-Kapitalismus. Allerorts finden sich Umkehrungen, Entwertungen und Neubewertungen. Dystopia verwandelt sich in Utopia, Vergangenheit in Gegenwart, Reichtum in Bedürfnis und zurück. Die Arbeit mit dem reichlich Vorhandenen nährt ideosynkratische Neufindungen und stellt sich zugleich dem Konzept originärer Schöpfung entgegen. Und wo der Fluss der Kommunikation mit seiner alles verbindenden Potenz als gegeben angesehen werden kann, eröffnen sich zugleich neue (oder alte?) Möglichkeiten der Vergemeinschaftung durch die Begrenzung oder gar Unterbrechung dieser Verbindungen. BWPWAP identifiziert die fortlaufende Revision etablierter Wissenskategorien als eine Quelle für andauernde Umbrüche. Dieser Prozess zeigt zugleich das beglückend wie gnadenlos Akkumulative des Golden Age: die durch neue Entwicklungen überholten Wissenskategorien werden niemals vollständig gelöscht, sondern induzieren retroaktiv eine Vielzahl neuer Abzweigungen und alternativer Erzählungen.

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